
Warum ein Jährling?
Oft werde ich gefragt, warum ich mir einen Jährling gekauft habe. Ich hätte mir doch viel besser ein fertig ausgebildet junges Pferd gekauft, mit dem ich direkt hätte losstarten können. Vielleicht ein 5-jähriges Pferd, welches solide angeritten und ausgebildet ist und mit dem ich direkt in die Turniersaison hätte einsteigen können. Es gibt leider auch viele Leute, die über meine Entscheidung damals den Kopf geschüttelt haben und bis heute kein Verständnis dafür zeigen.
Ich kann diese Frage für mich jedoch ganz leicht beantworten. Auch meine geliebte Curly Sue habe ich gekauft, als sie gerade mal 2 Jahre alt war und diesen Weg habe ich nie bereut, denn das Vertrauen und die Bindung zwischen uns hätten nicht tiefer und schöner sein können! Und ich bin mir sicher, dass das größtenteils daran lag, dass sie so jung zu mir gekommen ist und wir ein Jahr Zeit hatten uns richtig kennen zulernen und zusammen zu wachsen, bevor es langsam an das Reiten ging.
Für mich war immer klar, dass mein nächstes Pferd entweder ein Fohlen aus meiner Curly wird oder ich mir eins kaufen werde. Der Traum, ein Fohlen aus meiner geliebten Curly zu ziehen, wird leider nie in Erfüllung gehen. Und nach ihrem Tod stand für mich irgendwann fest, dass ich ohne Pferde nicht leben kann und ich mir nun den Traum vom Fohlen erfüllen werde. Nicht von Curly, aber von einem sorgfältig ausgewählten Züchter.
Seit mehreren Jahren begleitete Curly und mich unsere Osteopathin. Ihr haben wir unglaublich viel zu verdanken! Auch in der schlimmsten Zeit meines Lebens, als Curly in der Klinik stand und wir nicht wussten, wie alles ausgehen wird, stand sie uns zur Seite und hat uns unterstützt, wo sie nur konnte. Ich bin ihr für vieles so dankbar und sie kennt mich unglaublich gut und so war es fast Schicksal, dass sie mir damals Amouris Züchter „Hannoveranerzucht Bremen“ empfohlen hat. Bei der Auswahl meines Jungpferdes legte ich besonders großen Wert darauf, dass das Pferd bis dahin eine gute Aufzucht genossen hat. Durch die Erzählungen meiner Osteopathin und auch weil ich mich später noch persönlich davon überzeugt habe, wusste ich, dass Amouris Züchter definitiv großen wert darauf legen, dass die Fohlen gesund und artgerecht groß werden. Sie bekommen gutes Futter, wachsen mit anderen Fohlen auf und stehen auf großen Wiesen. Das alles war mir besonders wichtig! Ein Fohlen wurde es letztendlich zwar nicht mehr, dafür aber ein Jährling.
Meine wunderschöne Grand Amour, in die ich mich in der ersten Sekunde verliebte.

Ich halte nichts davon ein Pferd bis es 3 Jahre alt ist auf der Wiese zu lassen und es dann plötzlich in den Stall zu holen und innerhalb kürzester Zeit einzureiten. Meiner Meinung nach werden die Pferde dabei oft völlig überfordert! Plötzlich werden diese teilweise fast noch wilden Pferde aus ihrem gewohnten Umfeld gerissen und mit vielen neuen Dingen konfrontiert. Sie müssen oft innerhalb kürzester Zeit lernen verschiedene Utensilien zu tragen, im Kreis zu laufen und dann auch noch einen teilweise vorher völlig fremden Menschen auf ihrem Rücken zu akzeptieren. Das ist extrem viel Stress und insgesamt sind es unglaublich viele Eindrücke, die da auf einmal auf das Pferd einprasseln. Und es versteht sich von selbst, dass das Pferd eigentlich viel Zeit bräuchte diese in Ruhe zu verarbeiten! Und genau das wollte ich nicht für mein Pferd und das ist einer der Hauptgründe, warum ich mich für ein vollkommen rohes, sehr junges Pferd entschieden habe. Ich wollte von Anfang an alles so machen, wie ich es für richtig halte.
Mit unendlich viel Zeit, Geduld und Ruhe.
„Wer mit seinem Pferd am Boden spielt, bis es ihn in seinen Sattel einlädt, hat bereits alles, was er dort braucht: ein inniges Band aus gegenseitigem Respekt und Vertrauen.“ – Tuuli Tietze
Dieses Zitat ist schon fast so etwas wie ein Leitsatz für mich und fasst meine Beweggründe für den Kauf eines Jährlings gut zusammen. Ich liebe es mit meinem Pferd am Boden zu einer Einheit zusammen zu wachsen, lernen sich blind zu vertrauen und alles füreinander zu tun. Sich Zeit zu nehmen für Dinge wie Gelassenheitstraining, Zirkuslektionen, Führtraining und Bodenarbeit. Ich möchte mein Pferd schonend auf sein Reitpferdeleben vorbereiten, mit gezielten Übungen am Boden Muskeln aufbauen oder mit Handpferdereiten die Kondition fördern. Es soll über einen langen Zeitraum langsam und bewusst an das Reiten rangeführt werden. Dazu zählen alle Dinge, die ich jetzt schon mit Amouri unternehme, seien es lange Spaziergänge im Wald, querfeldein laufen über Stock und Stein, wodurch sie lernt sich auszubalancieren und ihre Beine zu koordinieren oder aber auch einfach nur reine Kuscheltage, die uns zusammenschweißen, weil wir einfach nur ohne Druck und Erwartungen die Zeit miteinander genießen können und uns noch besser kennen lernen. Alles ist ein Spiel, angepasst an Amouris Stimmungen und Bedürfnisse. Wir lernen gemeinsam mit Leichtigkeit und Spaß. Denn wenn man seinem Pferd alle Zeit der Welt lässt, zahlt sich das irgendwann aus. Man bekommt ein starkes Band aus Vertrauen, Liebe, Respekt, welches auch durch Krisen und Rückschläge nicht kaputt gehen kann. Und irgendwann wird einem das Pferd zeigen, dass es nun soweit ist und es wird einen in den Sattel einladen ♥
Abgesehen davon, dass ich vor dem Anreiten ein starkes Team mit meinem Pferd sein möchte, welches sich zu 100 % vertrauen kann und dass ich will, dass mein Pferd körperlich und psychisch so weit ist, gibt es noch ein paar andere Faktoren, in denen ich sehr spezielle Ansichten habe, wie mein Pferd aufwachsen und groß werden sollte und die nur umzusetzen sind, wenn man sich so ein junges Pferd kauft.
Fütterung
Da ich mit Curly gesundheitlich oft so viel Pech hatte, wollte ich mir ein junges Pferd kaufen, damit ich zumindest den Grundstein für ein gesundes Leben setzen kann. Natürlich ist vieles auch einfach Schicksal und Unfälle etc. kann man nie ausschließen. Wenn ich jedoch in den ersten Lebensjahren auf bestimmte Dinge achte und wert lege, kann ich zumindest eine gute Basis für ein gesundes Leben schaffen. Dazu gehört für mich z.B. die richtige, altersgemäße Fütterung. Diese sollte individuell auf das Pferd angepasst sein und vor allem die richtigen Nährstoffe, Mineralien, Vitamine etc. für das Wachstum liefern. Zu meiner detaillierten Fütterung werde ich noch einen Blogpost schreiben. Abgesehen von dem richtigen Zusatzfutter lege ich großen Wert darauf, dass Amouri 24 h Heu zur Verfügung hat und von ca. Mai bis November kommt sie 9 Stunden auf die Weide. Einmal im Jahr lasse ich außerdem ein großes Blutbild machen, um zu sehen, ob Mängel oder Überschüsse bestimmter Stoffe bestehen. Es ist also auch eine präventive Maßnahme und an dem Ergebnis passe ich meine Fütterung an. Zusätzlich gebe ich mindestens zweimal im Jahr Kotproben ab, um evtl. gezielter zu entwurmen. Oft haben Pferde keine typischen Anzeichen einer Verwurmung und haben dennoch Würmer. Das möchte ich vermeiden und deswegen lasse ich das regelmäßig kontrollieren, denn auch Würmer können zu Wachstumsproblemen führen.
Haltung & Hufbearbeitung
Generell ist mir die Haltung sehr wichtig und auch dazu werde ich noch einen separaten Beitrag verfassen. Ich möchte, dass Amouri artgerecht aufwächst. Und dazu gehört für mich, dass sie in einer alters- und geschlechtergemischten Herde lebt und sich 24 Stunden auf großen Flächen frei bewegen kann. Durch die viele Bewegung auf unterschiedlichen Böden lernt sie sich zu koordinieren und auszubalancieren. Außerdem wird das Hufwachstum angeregt, was mich zu einem nächsten Punkt führt und zwar der richtigen Hufbearbeitung. Als ich Curly gekauft habe, hatte sie leider schon sehr schlechte Hufe, was auch immer wieder in Grund für ihre Krankheiten war. Wir haben zwar probiert von Beginn die Hufqualität zu verbessern, aber in ihrem Alter war der Grundstein leider schon gelegt. Aus diesem Grund war es mir sehr wichtig ein Pferd mit guten Hufen zu kaufen und von Anfang an darauf zu achten, dass die Hufe regelmäßig gemacht werden. Da unsere Huforthopädin nach Jochen Biernat arbeitet, werden Amouris im 4 Wochen Rhythmus bearbeitet.
Zahnarzt
Dadurch, dass ich Amouri als Jährling gekauft habe, konnte ich auch auf andere Dinge sehr frühzeitig achten. Dazu gehört z.B. dass ich das erste Mal mit 1 1/2 Jahren einen Zahnarzt da hatte, um zu kontrollieren, ob ihre Zähne in Ordnung sind. Auch wenn er zu diesem Zeitpunkt noch nicht viel gemacht hat, da soweit alles in Ordnung war, ist es mir wichtig, dass man Auffälligkeiten lieber früh erkennt, damit man noch direkt etwas dagegen machen kann. Das zweite Mal war der Zahnarzt da, als Amouri 2 Jahre alt war. Zu diesem Zeitpunkt wurde schon etwas geraspelt und die Wolfszähne wurden gezogen. Auch hier bin ich sehr froh, dass wir das nicht erst zum Anreiten gemacht haben, da Amouri schon sehr große Wolfszähne hatte und es zu einem späteren Zeitpunkt wahrscheinlich schwieriger gewesen wäre.
Osteopathie
Außerdem hat meine Osteopathin sich Amouri schon im Alter von 1 1/2 Jahren das erste Mal angeguckt. So ist es uns möglich frühzeitig evtl. Probleme zu erkennen und zu beheben, vorhandene Blockaden zu lösen und generell wachstumsbedingten Störungen schnell entgegenzuwirken.
„Der beste Beweis der Liebe ist Vertrauen.“
Das alles sind die Gründe für meine Entscheidung mir einen Jährling zu kaufen. Vielleicht dauert alles etwas länger und natürlich muss ich im Moment darauf verzichten mein eigenes Pferd zu reiten. Ich kann auch erstmal keine Turniere reiten und Lehrgänge mit meinem Pferd besuchen. Dafür aber kenne ich Amouri von Anfang an. Ich weiß woher bestimmte Macken kommen und ich weiß wie sie tickt. Ich kann mir sicher sein, dass sie unglaublich liebevoll, mit viel Geduld und Zeit ausgebildet wurde und ihr in ihrem Leben nichts Schlimmes widerfahren ist. Auch sie kennt keinen Menschen besser als mich und somit können wir uns zu 100 % vertrauen und unsere Bindung und unsere Liebe ist so tief, wie sie nur sein kann ♥